Nach Ergebnissen des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) sind 15% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland übergewichtig. Zahlen, die alarmieren und im Vergleich mit Studiendaten aus den 90er Jahren auf einen rapiden Anstieg hinweisen.

 

Die Veränderung der Lebensbedingungen, in denen Kinder in Deutschland aufwachsen, können die Entwicklung von Übergewicht – und die damit verknüpften Folgeerkankungen – fördern. Dazu zählen neben einer unausgewogenen Ernährung auf Basis vornehmlich energiedichter Lebensmittel auch die fehlende körperliche Betätigung im Alltag der Kinder und Jugendlichen. Faktoren, wie ein Konsumüberangebot und weit verbreitete Tätigkeiten im Sitzen wirken sich, in Wechselwirkung mit individuellen und biologischen Veranlagungen, auf die Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten der Kinder und Jugendlichen aus.

Folgeerkrankungen bei Kinder und Jugendlichen mit Adipositas 

Die Folgen von Übergewicht bei Kindern decken sich weitestgehend mit denen Erwachsener. Erschreckend daran ist, dass diese Folge vermehrt in früheren Altersphasen zu finden sind. Neben der wachsenden Anzahl an Kindern mit der Vorstufe von Diabetes zählen dazu auch die stetig steigenden Fehlbildungen und Erkrankungen des Bewegungsapparates (orthopädische Erkrankungen). Die Therapie dieser Krankheitsbilder stellt die Kinder- und Jugendärzte*innen stets vor neue Herausforderungen. Hinzu kommen noch Auswirkungen auf die psychosoziale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen, welche sich etwa, im schlimmsten Fall, in Depressionen und Störungen im Selbstbild äußern.

Therapie der Adipositas

Die Behandlung des Übergewichtes soll laut der Kinder- und Jugendmedizin auf mehreren, verschiedenen Therapiebausteinen basieren. Neben einer gesunden, ausgewogenen Ernährung müssen körperliche Aktivitäten im Alltag, sowie eine Verhaltensmodifikation motiviert werden. Bei der Bewältigung dieser Bausteine sind die Kinder und Jugendlichen auf die Unterstützung der Familie angewiesen. Das Programm „Obeldicks“, zum Beispiel, bietet Kindern und Eltern hierbei Hilfe an. Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 16 Jahren werden mit Bewegungs-, Verhaltenstherapien und Ernährungskursen bei der Gewichtsreduktion unterstützt. Mit speziellen Elternabenden wird Familien ein umfassendes Beratungs-, Betreuungs- und Begleitformat an die Hand gegeben.

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 Übergewicht ist schon seit längerem ein wichtiges Thema unserer Gesellschaft: Nach Erkenntnissen des Robert-Koch Institutes leiden in Deutschland 53 Prozent der Frauen und 67 Prozent der Männer an Übergewicht.

Stellenwert medikamentöser Therapien bei Adipositas

Eine ergänzende medikamentöse Therapie wird erst begonnen, wenn durch das Basisprogramm nach drei bis sechs Monaten keine Gewichtsabnahme über mindestens 5 Prozent zu verzeichnen ist. Die Grundlage jeder gewichtsreduzierenden Therapie bildet eine ausführliche ernährungsmedizinische Beratung, die außerdem eine zunehmende körperliche Betätigung motivieren, begleiten und im Alltag verankern soll. In manchen Fällen wird zudem eine Verhaltenstherapie zur Sicherstellung langfristiger Erfolge in Betrachtung gezogen.

Welche Medikamentenklassen werden in der ergänzenden medikamentösen Therapie eingesetzt?

Orlistat Der Wirkmechanismus von Orlistat beschränkt sich auf die Hemmung der Lipasen im Magen-Darm-Trakt. Lipasen sind fettverdauende Enzyme, welche Fette in eine für den Körper verfügbare Form umwandeln und diese umgewandelten Fette zur Energiespeicherung zur Verfügung stellen. Enzyme, die durch Orlistat inaktiviert werden, können vorliegenden Nahrungsfette jedoch nicht mehr in die für den Körper benötigte Form umwandeln. Dies hat eine Verringerung der Fettaufnahme durch die Nahrung von etwa 30 Prozent zur Folge.

Eine Zusammenfassung von mehrerer Studien zeigt, dass nach einer einjährigen Behandlung eine Gewichtsminderung von 2,7 kg im Vergleich zu der Placebo-Gruppe zu vermerken ist. Darüber hinaus konnte in einer vierjährigen Studie beobachtet werden, dass das Risiko für Typ 2 Diabetes bei adipösen Patienten*innen um 37 Prozent sank.

Liraglutid  Liraglutid ist ein langwirksames Analoga zum Darmhormon GLP-1. Es handelt sich hierbei um ein Peptidhormon, welches im Darm produziert wird, die Insulinsynthese und -freisetzung fördert und die Magenentleerung somit verzögert. Ferner werden durch die Dehnung des Magens Sättigungssignale im Hirnstamm ausgelöst.

Die medizinische Nutzung von GLP-1 Analoga hat ihren Ursprung in der Therapie von Diabetes-Melitus Typ 2. Die dabei beobachteten gewichtsreduzierenden Effekte führten schließlich zu Zulassungsstudien in der Behandlung von Übergewicht.

In einer Studie über 20 Wochen konnte man eine Gewichtsreduktion von 7,2 kg bei der Liraglutid Gruppe im Vergleich zu 2,8 kg in der Placebo- und 4,5 in der Orlistat-Gruppe beobachten. Desweiteren kommt, laut dieser Studie, hinzu, dass das Risiko von Diabetes-Melitus Typ 2 sowie auch der Blutdruck reduziert werden konnte.

Naltrexon + Bupropion  Naltrexon und Bupropion sind beide ebenfalls nicht unbekannt in der Behandlung: Bupropion wird in der antidepressiven Therapie und Naltrexon als Opioid-Antagonist verwendet.

Bei der Adipositas Therapie nutzt man die Nebenwirkungen der beiden Wirkstoffe. Beide Wirkstoffe richten sich gegen einen bestimmten Teil des Hypothalamus – der Teil des Gehirns, von dem aus Belohnungs- und auch Hungergefühle erzeugt werden.

Bupropion stimuliert die verantwortlichen Botenstoffe im Hypothalamus. Naltrexon, welches die körpereigenen hemmenden Mechanismen unterdrückt, verstärkt diese Wirkung des Bupropion dabei nochmals. So sinkt bei einer gemeinsamen Verabreichung der Appetit sowie die gefühlte Menge Essen, welches die Patienten*innen zu sich nehmen, um ihr Hungergefühl zu stillen.

In aktuellen Studien zeigt sich, dass die Gabe dieses Kombinationspräparates zu einer Gewichtsreduktion von 6,1 Prozent im Vergleich zu 1,3 Prozent in der Placebo Gruppe führte. In der schließlich durchgeführten Zulassungsstudie waren die unerwünschten Nebenwirkungen mild bis moderat. Auswirkung auf die Psyche konnten hierbei nicht festgestellt werden.

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